„Für mich soll’s rote Rosen regnen“ – Ein musikalisches Porträt von Hildegard Knef
Eine Frau mittleren Alters sitzt einsam neben Umzugskartons. Eine Zigarette in der Hand, der Blick vage in die Vergangenheit gerichtet. Zwei Musiker nehmen Platz – der eine am Klavier, der andere am Kontrabass. Die Frau greift in einen der Kartons, zieht eine Schreibmaschine heraus, setzt sich, tippt die ersten Worte. Die Musik beginnt.
Es ist Hildegard Knef im Jahr 1975 – eine Künstlerin in der Mitte ihres Lebens. Viel gewollt, viel erreicht. Nach triumphalen Jahren am Broadway ist sie zurück in Europa, zurück in Deutschland, das ihr nie vorbehaltlos verziehen hat, dass sie sich nahm, was sie wollte: Erfolg, Unabhängigkeit, ein eigenes Leben. Und während sie sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzt, beginnt ihr jüngeres Ich hinter dem Vorhang die Stimme zu erheben – klar, kraftvoll, unnachgiebig. Der Raum füllt sich mit Worten, Erinnerungen, Chansons.
„Für mich soll’s rote Rosen regnen“ ist mehr als eine Hommage an eine große Künstlerin. Es ist eine Begegnung zweier Versionen einer Frau, die sich selbst nie aus dem Weg gehen konnte. Die jüngere Knef bringt die Hoffnung, den Hunger nach Leben, das Aufbegehren gegen Begrenzungen. Die ältere Knef kennt die Brüche, die Ernüchterung, die Kämpfe, die Wunden. Doch in der Musik – in Liedern, die ihre Biografie geworden sind – treffen sich beide wieder.
Die Inszenierung, getragen von über 30 ihrer Chansons, entwirft ein seelisches Porträt voller Nuancen: zwischen Melancholie und Ironie, zwischen Härte und Verletzlichkeit. Die Musik ist kein schmückendes Beiwerk, sondern der Herzschlag dieser Begegnung.
Hildegard Knef war eine Frau, die polarisierte. Eine Künstlerin, die mehr war als ihr Image, die sich weigerte, sich in eine Schublade stecken zu lassen. Und genau das gelingt dieser Aufführung: Sie zeigt Knef nicht als Legende, sondern als Mensch – mit all ihren Widersprüchen, ihrer Unbeugsamkeit, ihrem tief empfundenen Wunsch nach Anerkennung.
Am Ende bleibt eine Stimme, die nachhallt. Eine Stimme, die einst sang: „Ich will, ich will.“ Und eine, die leise hinzufügt: „Ich wollte, ich wollte.“
Eine beindruckende Vorstellung: Nur leider bekommen es auch ältere Menschen oft nicht hin, auf ihr Handy während kultureller Veranstaltungen verzichten zu können.